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Interview mit Bernhard und Christof Koller, die Gastgeber der Glungezerhütte

Gastfreundschaft hoch oben über dem Inntal

Die Glungezerhütte ist eine hochalpine Schutzhütte auf 2610 m ü.A. . Sie ist die höchste Gipfelhütte über dem Inntal mitten in den Tiroler Alpen.

Christof und Bernhard sind leidenschaftliche Gastgeber und nehmen dich mit in ihre Welt als Hüttenwirte.



Die Gastgeber stellen sich vor


Bernhard Koller

Ich lebe mit meiner Familie im schönen Stubaital in Tirol. Ich war Werkmeister im Maschinenbau und den Großteil meiner Laufbahn in Führungspositionen. Als meine beiden Söhne volljährig waren wollte ich dem Hamsterrad entfliehen.

Ich habe ein Arbeitsstudium als Restaurantfachmann gemacht, eine Kochausbildung und einige Kochkurse. Ich bin immer gerne in den Bergen unterwegs und habe mich entschlossen mich als Hüttenwirt zu versuchen und die Glungezerhütte übernommen. Ich reise gerne und liebe das Bergsteigen.

 

Lebensmotto

Im Hier und Jetzt leben, positiv denken und das Leben genießen!

Wenn man seine Arbeit gerne macht, ist viel Arbeit kein Stress.


Christof Koller

Ich bin eigentlich gelernter Tapezierer und Dekorateur. Jetzt mache ich eine Ausbildung zum Restaurantfachmann.

Seit mein Papa die Hütte übernommen hat, arbeite ich mit voller Begeisterung im Service. In meiner Freizeit treffe ich mich gerne mit Freunden zu Ausflügen. Ich mache gerne Musik und habe mit meinen Freunden einen Verein gegründet, der verschiedene Tanzveranstaltungen organisiert und ausführt.

 

Lebensmotto

Alles kommt zurück.

Wenn man Menschen gut behandelt, kommt das meistens auch zurück.


Lieber Bernhard, wie kann ich mir die Arbeit als Hüttenwirt auf über 2610 Metern in den Bergen Tirols vorstellen?

Als Hüttenwirt ist kein Tag wie der andere. Durch das extreme Wetter auf den Bergen, schwanken unsere Besucherzahlen zwischen 0 Gästen an einem Tag und 250 Gästen am nächsten Tag. Natürlich gibt es auch immer wieder Pannen mit der Technik, wie zum Beispiel den Wasserpumpen, die man meistens selbst beheben muss. In dieser Höhe kann kein Techniker mal eben in ein paar Minuten da sein, wie es im Tal meist der Fall ist.

Die netten Gespräche mit unseren (Stamm) Gästen machen die Abwechslung dann perfekt.

 

Als Hüttenwirt ist man sozusagen alles:

Wetterbericht, Koch, Techniker, Hausmeister, Psychiater....

die Liste ist sehr lang.

 

 

Was macht die Glungezerhütte für euch so besonders und einzigartig?

Christof: Die einzigartige Lage direkt am Grad, die gemütliche Stube und vor allem die extrem geile Aussicht. Man sieht das Innthal von Zirl bis Jenbach, große Teile vom Stubaital, Wipptal und Karwendelgebirge. Besonders macht die Hütte auch, dass sie im Winter wie im Sommer ausschließlich zu Fuß zu erreichen ist.



Wie kann ich mir einen "normalen" Tag bei euch auf der Gipfelhütte vorstellen?

Christof: Wir stehen um 05:00 Uhr auf und bereiten das Frühstück für unsere Gäste vor. Von 06:30 Uhr - ca. 08:00 Uhr verköstigen wir dann unsere Übernachtungsgäste. Danach genießen auch wir ein ausgiebiges Frühstück, besprechen und planen den Tag. Nun wird die Küche, die Gaststube und, je nach Wetterverhältnissen, die Terrasse für das Tagesgeschäft vorbereitet. Auch die Schlafplätze und Reservierungslisten werden gecheckt und im Anschluss begrüßen wir auch schon unsere Wandergäste.

Um ca. 15:00 Uhr treffen meist die ersten Übernachtungsgäste ein, die wir einchecken, ihnen ihre Schlafplätze zeigen und natürlich mit Essen und Trinken versorgen. Um 18:30 Uhr gibt es Abendessen, was zwischen einem bis vier Gänge sein kann.

Nach dem Essen macht Bernhard immer eine Tourenbeschreibung für unsere Gäste und informiert über den Wetterbericht für alle, die am nächsten Tag größere Touren geplant haben. Meist sitzen die Gäste dann noch beisammen und genießen das ein oder andere Glas Wein oder Bier und lassen den Abend ausklingen. Wenn einige Gäste mal gut sitzen, wird auch die für Alpenvereinshütten vorgegebene Sperrstunde von 22:00 Uhr nicht so ernst genommen; solange die anderen Gäste sich dabei nicht gestört fühlen. Jetzt wird noch alles aufgeräumt und ein Hüttenwirttag neigt sich dem Ende zu.

 

Was meint ihr, sind bei euch die größten Unterschiede zu einem Restaurant, zum Beispiel in der Stadt?

Christof: Es gibt hier viele wesentliche Unterschiede zu Restaurants im "Tal". Angefangen von der Logistik: wenn wir zum Beispiel einkaufen müssen, brauchen wir erstmal eine gute Stunde zum nächsten Großmarkt. Die Einkäufe werden ins Auto verladen, nach Tulfes zu unserem Quad gefahren und dann wiederum in dieses verladen. Dann wird alles mit dem Quad auf 2300 Meter zu der Talstation unserer Materialseilbahn gefahren. Die Materialseilbahn braucht für eine Strecke ca. 9 Minuten und die Einkäufe müssen schließlich oben in der Hütte auch noch verräumt werden.

Alles in allem dauert es meist vier Stunden. Nur um ein Beispiel für den logistischen Aufwand zu nennen.

Ansonsten ist da natürlich auch die Abhängigkeit vom Wetter; bei schlechtem Wetter, keine bis sehr wenige Gäste. Ja und auch die Gäste selbst sind großteils ein "ganz anderer Schlag an Leuten" als im Tal.

Sie sind glücklich den Aufstieg gemeister zu haben und freuen sich umso mehr über gutes Essen und ihr wohlverdientes Bier. Auch die Geselligkeit der Gäste, egal ob Frau oder Mann, jung oder alt, reich oder arm - alle sitzen an einem Tisch, reden über Gott und die Welt oder lachen einfach über Sprüche und Witze.

Das mag es mancherorts bestimmt auch im Tal geben; ich persönlich habe es in dieser Form aber noch nie erlebt.

 

Was bedeutet Gastfreundschaft für dich Christof?

Gastfreundschaft bedeutet für mich genau das, was das Wort an sich schon sagt: Freundschaft. Ich meine damit nicht jedem Gast seine Lebensgeschichte zu erzählen und Telefonnumern auszutauschen, sondern dass man jeden Gast so behandelt wie man auch seine Freunde behandeln würde. Da man dem Gast einen schönstmöglichen Aufenthalt auf der Hütte, im Restaurant oder Hotel bereiten möchte.



Was war bis jetzt die größte Herausforderung für euch und wie habt ihr diese bewältigt?

Bernhard: Die größte Herausforderung war ein Blitzeinschlag bei voll besetzter Hütte, bei der eine der Stromzuleitungen beschädigt wurde.

Das heißt, wir hatten keinen Strom mehr und da die Wasserpumpen elektrisch sind, auch kein Wasser mehr. Es gab also weder Getränke aus der Schank, noch Brot, da die Öfen nicht funktionierten; nicht einmal die Toilettenspülungen gingen mehr.

Ich habe dann mit einem unserer Gäste, einem Elektoingenieur aus Deutschland, bis drei Uhr nachts an einer Lösung für das Problem gearbeitet und Gott sei Dank auch eine gefunden. Was für ein riesen Glück, dass dieser Gast bei uns auf der Hütte war. Zumindest die Küche hatte wieder Strom. Also gab es Frühstück mit frisch gebackenem Brot bei Kerzenschein.

 

Was ist euch als Gastgeber besonders wichtig?

Christof: Mir ist besonders die gute Stimmung in unserem Team wichtig, weil sich diese auch auf unsere Gäste überträgt. Das Thema Sauberkeit steht für mich auch mit an erster Stelle. Egal in welchem Bereich, ob in der Bar, der Küche, den Toiletten oder den Schlafplätzen.

 

Mich interessiert auch sehr, welche Gäste bei euch einkehren und was ihre Bedürfnisse sind. Könnt ihr mir da einen kleinen Einblick geben?

Bernhard: Im Winter sind es fast ausschließlich Tagesgäste, die sich in der Hütte aufwärmen, etwas essen und trinken und sich ein wenig untehalten wollen.

Im Sommer haben wir viele Tagesgäste, die sich auf der Terrasse mit einem kühlen Getränk etwas sonnen wollen. Unsere Nächtigungsgäste, überwiegend Wanderer, erwarten eine gute Verpflegung, Infos über das Wetter und die Touren. Vor allem auch eine gemütliche Unterkunft zum Kraft tanken für die Tour am nächsten Tag.



Wie würdet ihr euch als Gastgeber beschreiben?

Christof: Wir sind beide offene und freundliche Persönlichkeiten. Wir begrüßen zum Beispiel unsere Übernachtugsgäste immer persönlich und mit einem Willkommensschnaps und lassen sie erst einmal ein paar Minuten ankommen, bevor wir zum Check In übergehen und sie über alles weitere informieren.

 

Leider gibt es immer weniger junge Menschen, die einen Beruf in der Gastronomie erlernen möchten. Seht ihr Möglichkeiten wie wir das ändern können?

Christof: Ja die sehe ich schon. Zum einen sollte in der Branche besser und wertschätzender miteinander umgegangen werden und zum anderen sollten die Leistungen besser bezahlt werden. Dann finden sich sicher auch wieder mehr junge Leute, die mit dem Herz bei der Sache sind.

Das Problem, das ich sehe ist, was von vielen schon als normal empfunden wird, der raue Umgangston , den man vor allem in der Küche findet. Es ist weder normal noch in irgend einer Form notwendig sich anzuschreien oder sonstiges, sondern schlicht und einfach dumm und unnötig. Besonders junge Menschen, die mit 15 oder 16 Jahren ihre Ausbildung anfangen, kann man so etwas meiner Meinung nach nicht zumuten und sich dann vielleicht auch noch wundern, wenn sie hinschmeißen.

Ein normaler, höflicher Umgang sollte selbtsverständlich sein, auch wenn es gerade stressig ist PUNKT.

Zum anderen liegt viel auch an der Bezahlung. Wenn die Leistungen, die man erbringt, fair entlohnt werden, macht man seine Arbeit gleich viel lieber.

Ich perönlich mache meine Arbeit wirklich sehr gerne, könnte aber vom Kollektivlohn nicht leben. Warum sollte also ein junger Mensch immer dann arbeiten, wenn alle anderen frei haben, um am Ende nicht einmal davon leben zu können?

Da geht es mit jeder Leidenschaft schnell den Bach runter.

 

Eine letzt Frage habe ich noch an euch.

Habt ihr ein Vorbild in der Branche, jemanden der euch inspiriert?

Bernhard: Im Laufe meiner Bergsteigerkarriere habe ich weit mehr als 100 Hütten besucht. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei eine:

Die Sesvennahütte in Südtirol. Die Wirtsleute waren so zuvorkommend, locker und gaben einem von der ersten Sekunde an das Gefühl, herzlichst willkommen zu sein.

Genau das versuche ich nun auf der Glungezerhütte umzusetzten.

(Die gemeinten Wirtsleute auf der Sesvenna Hütte gibt es leider nicht mehr)


Herzlichen Dank lieber Christof und lieber Bernhard für das inspirierende Interview.

Ich wünsche euch weiterhin ganz viele herzliche Begegnungen mit euren Gästen und tolle Erlebnisse hoch oben in der Glungezerhütte.

 

Liebe Grüße Eure Mandy

 



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